Mittwoch, 22. August 2007

Wiener Satanisten unter Johannes Dokupil: ein Experte nimmt Stellung

Erstmals nimmt eine der wenigen wirklichen Autoritäten in Sachen Satanismusforschung, nämlich der Buchverfasser und Satanismusexperte Josef Dvorak, zu den Vorgängen rund um das Wiener "Café Pentagramm" und zur fast schon irrationalen Angst des Vatikans vor der "Wiener Satanistenszene" Stellung. Hintergrund: der Besuch des Papstes in Österreich vom 7. bis. 9. September. Josef Dvorak ist ein österreichischer Psychoanalytiker, katholischer Theologe und Mitbegründer des Wiener Aktionismus.

Dvorak war zeitweise als Journalist bei der Wiener Tageszeitung „Kurier“ und der „Arbeiter-Zeitung“ tätig. Mindestens seit Anfang der 1960er war er in Wien als Therapeut tätig, aus dieser Zeit rührt auch seine Bekanntschaft mit Otto Muehl, der bei ihm eine Gesprächsanalyse machte. Ende der 1960er war Dvorak ein wichtiger intellektueller Impulsgeber für die linke Wiener Studenten- und Kommunenszene. Anfang der 1970er will er unter LSD-Einfluss eine Begegnung mit Satan gehabt haben, nach der er sich in ein Bauernhaus im Waldviertel zurückzog und begann, „Satanische Messen mit viel nacktem Fleisch und Blut“ abzuhalten. Dvorak gilt in Insiderkreisen als Lehrmeister und Mentor des inzwischen wesentlich berühmter - und reicher - gewordenen Aktionismuskünstlers Hermann Nitsch ("Orgien - Mysterien - Theater").

Im Burgenland und in Bremen zelebrierte Dvorak in den Achtzigern eine Abwandlung der „Missa Phoenix“ des englischen Okkultisten Aleister Crowley. Diese Happenings wurden im österreichischen Fernsehen übertragen und brachten Dvorak den Ruf ein, selbst dem Satanismus nahezustehen.

Inzwischen freier Forscher und Publizist, bezeichnet Dvorak sich heute selbst als „Satanologe“ und beschäftigt sich vor allem mit der Geschichte der Psychoanalyse und des Okkultismus. Sein 1989 im Heyne-Verlag erschienenes Sachbuch „Satanismus. Schwarze Rituale, Teufelswahn und Exorzismus, Geschichte und Gegenwart“ gilt als Standardwerk der Satanismusforschung.

Zitieren wir kurz aus jenem Interview, das Josef Dvorak dem Wiener "Falter" gestattete:

Josef Dvorak: "Wie auch mir von den Polzeibehörden mirgeteilt wurde, sind die so genannten Wiener Satanisten rund um den angeblichen Stellvertreter Satans auf Erden kein Sicherheitsproblem. Diese Leute leben unauffällig, fast möchte ich sagen: spießig, sie begingen und begehen keine Straftaten. Es sind weder Demos noch Happenings oder dergleichen geplant.

Falter: "Das Ganze mutet an wie eine schlechte Komödie. Staatspolizei und Vatikan arbeiten auf Hochtouren, um einen arbeitslosen Schriftsetzer und ein paar seiner harmlosen Anhänger dingfest zu machen. Warum wird diese esoterische Gruppe oder Sekte plötzlich so ernst genommen?"

Josef Dvorak: "Das ist keine Sekte, sondern ein Orden. Ernstgenommen wird die Sache vom Vatikan deshalb, weil die offenbar selber glauben, was die Satanisten verbreiten: nämlich, dass Dokupil und seine Hexen über enorme übersinnliche Kräfte verfügen und Meister der Schwarzen Magie sind."

Falter: "Sind diese Leute Meister der Schwarzen Magie?"

Josef Dvorak: "Wenn es seit dem Ableben Szandor La Veys einen Black Pope gibt, dann ist es sicher Dokupil. Selbst die britischen und kalifornischen Satanisten akzeptieren ihn als ihren neuen Führer. In der Szene gilt er als Reinkarnation Aleister Crowleys. Dokupil ist ein ganz anderes Kaliber als die Dumpfbacken aus dem Gewalt- oder Jugendsatanismus. Selbst Le Vey's Tochter, die Hexe Zeena, hat sich ihm längst untergeordnet."

Café Pentagramm: Hexen, Hexenmeister und scharfe Drinks

Völlig neu renoviert und mit einem fast 120 Quadratmeter grossen "Temple of Seth" ausgestattet, erfüllt das Wiener Kultcafé auch die Wünsche biederer "Normalbürger" nach satanischem Treiben. Schwarze Messen, (zärtliche) Auspeitschungen junger Hexen und düsteres Interior machen den Wiener Satanstempel zum - freilich nicht unumstrittenen - Kultlokal. Ein gefallener Priester bereitet Carpaccio und feinste Saklate zu. Die Schickeria steht Schlange. Satanistenchef Johannes Dokupil: "Wir haben hier tolle Musik, aber auch Meditationsräume, in denen ihr zur Selbsterfahrung gelangen und in der Ekstase den Satan schauen könnt. Wer Pfui Teufel sagt, fliegt raus."

Lokaltipp: "Erscheint der Teufel im Café Pentagramm an hohen satanischen Feiertagen wie zum Bespiel am Krampusfest wirklich in Gestalt eines Ziegenbocks?"

Dokupil: "Dass Sie als Journalist das Okkulte ebenso veräppeln müssen wie andere Formen der Religiosität, ist mir klar, aber auch Teil meiner Marketingstrategie. Wahscheinlich machen Sie sich über gläubige Buddhisten, ihre Räucherstäbchen und ihr Herumgehen um die Pagode an der Donau ebenso gerne lustig wie über Katholiken oder über uns Satanisten. Das sei Ihnen unbenommen, wir haben hier Meinungsfreiheit und eine multikulturelle Gesellschaft. Zu Ihrer Frage: Sie kränken mich nicht persönlich, wenn Sie den Fürsten Teufel nennen. Für uns ist er der Fürst, eben der Fürst der Finsternis, der wahre Erlöser der Menschheit. Und der Fürst erscheint ganz sicher nicht als Ziegenbock. Das ist Hollywood, das hängt historisch bzw. von der Mythenforschung her mit der sog. Baphomet - Legende zusammen, die im modernen Satanismus keine Rolle mehr spielt."

Lokaltipp: "Bei Ihnen kostet ein Bier acht Euro. Wer bezahlt diese Preise?"

Dokupil: "Machen Sie sich um unseren Umsatz keine Sorgen. Wir leben von Spendengeldern, ähnlich wie Scientology oder die Caritas."

Lokaltipp: "Sie bezeichnen sich selbst als den einzigen legitimen Nachfolger Anton Szandor La Vey's, der die kalifornische Satanskirche gründete, die Church of Satan. Der internationale Satanismus verehrt Sie aber auch als den neuen Black Pope, den Gegenspieler Benedikts des Sechzehnten. Wird der Papst, wenn er in Wien ist, im Café Pentagramm vorbeischauen, um die Gäste einem Exorzismus zu unterziehen?"

Dokupil: "Ein Exorzismus ist nicht angebracht, da bei uns kein Fall von Besessenheit vorliegt. Nur schwache Menschen sind der Besessenheit ausgeliefert. Wir Magier können u.a. durch das Hexagrammritual und andere Praktiken, die schon im Hermetic Order of the Golden Dawn gelehrt wurden, die Besessenheit leicht abwehren. Ich kenne hunderte Dämonen, die mir untertan sind und nicht ich ihnen. Zu Ihrer Frage: Falls Joseph Ratzinger den Mut hat, hierher zu uns zu kommen, dann ist er willkommen. Er ist ein guter, aber ein schwacher Mensch. Montini war stärker."

Lokaltipp: "Papst Paul der Sechste, der Montinipapst, hat in seiner berühmten Teufelspredigt eigentlich nur gesagt, was auch Sie sagen: der Satan ist keine Erfindung des heiligen Augustinus oder frommer Juden, sondern ein reales, mächtiges Geistwesen ..."

Dokupil: "Montini hat als einziger Papst seit Innozenz dem Achten (dem Verfasser der sog. "Hexenbulle", Anm. d. Red.) den Satan geschaut, er hatte eine Vision, ihm ist der Fürst erschienen. In diesem Punkt liegen Sie richtig."

Lokaltipp: "Hand aufs Herz, Bruder Perdurabo: Sind Sie wie Aleister Crowley im Grunde ein Scharlatan?"

Dokupil: "Diese Frage möchte ich überhört haben. Sie wollen doch nicht etwa wie Isadora Duncan auf dem Heimweg einen Unfall haben?"

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Von der "Wohnungskommission"...
HIER GEHT ES DARUM, einer hochschwangeren, unverschuldet...
basic instinct - 22. Nov, 13:18
Dalai Lama - Hilfswerk:...
Während gerade in Österreich Symbolfiguren der Korruption,...
basic instinct - 10. Nov, 17:43
Robert Basic verwirklicht...
Robert Basic, Kugelblitz unter den deutschen Alphabloggern,...
basic instinct - 28. Sep, 22:32
Wer braucht Gott? Barbara...
In ihrem neuen Bestseller stellt die bekannte TV -...
basic instinct - 17. Sep, 12:11
Wiener Satanisten unter...
Erstmals nimmt eine der wenigen wirklichen Autoritäten...
basic instinct - 22. Aug, 22:29

Links

Suche

 

Status

Online seit 6300 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 8. Jan, 18:29

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren